Lebensraum Tullnerfeld
Das Tullnerfeld erscheint auf den ersten Blick als zusammenhängende Ebene, die nur durch die Tullnerfelder Donau-Auen geteilt ist. Geomorphologisch betrachtet ist das Tullnerfeld jedoch in drei Fluren unterteilt: Das höchstes Niveau ist das sogenannte „Feld“, früher eine weite, beinahe baumlose Ackerlandschaft. Überflutungen gibt es hier keine und Auwald- bzw. Altarmreste fehlen. Das „Feld“ hebt sich vom tiefergelegenen „Donaufeld“ ab, eine bereits mehrere Meter tiefer liegende Flur, die Baumbestände aufweist und durch zahlreiche sichelförmige, teils verlandete Altarme ehemaliger Mäander der Donau geprägt ist. Überflutungen bzw. die Vernässung der Flächen des „Donaufelds“ sind auch heutzutage bei Extremwetterereignissen möglich. Noch eine Stufe tiefer liegt das „Auland“ mitsamt der Donau, der Hart- und Weichholzauen und der Auwiesen. Überflutungen durch Hochwasser sind hier regelmäßig, eine natürliche Au-Dynamik ist aufgrund der Donaukraftwerke Altenwörth und Greifenstein aber nicht mehr gegeben.
Wie in der Franciso-Josephinischen Landaufnahme (1869-1887) ersichtlich, wird das Tullnerfeld schon lange Zeit ackerbaulich genutzt. Allerdings war damals der Anteil an Wiesen und Weiden sehr hoch, so dass sich ein Mosaik an diversesten Nutzungen zeigte. Dies hat sich mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft durch die Regulierung der Gewässer, den Entwässerungen und den darauffolgenden Kommassierungen deutlich geändert.
Heute präsentiert sich das Tullnerfeld als intensiv genutzte Ackerbaulandschaft, die Wiesen und Weiden sind zum großen Teil verschwunden. Die Äcker sind da und dort durchbrochen von Flussläufen mit schmalen Ufersäumen und von Windschutzstreifen. Da und dort findet sich eine Gebüschgruppe, eine Bauminsel oder auch eine „übrig gebliebene“ Gstettn. Inmitten der Ackerbaulandschaft finden sich Industriegelände wie z.B. das Kraftwerk und das Umspannwerk Dürnrohr und die großen Gärtnereien. Einige Baggerseen, aber auch noch im Betrieb befindliche Schotterabbaugebiete ergänzen das Bild.
Der Übergang zum Wienerwald im Süden und dem Wagram im Norden verläuft recht abrupt, wobei hier natürlich nach wie vor eine große Chance für das Einwandern von Arten aus diesen Bereichen in das ackerbaulich intensiv genutzte Tullnerfeld besteht. Ähnlich sieht es mit dem Übergang zu den Tullnerfelder Donau-Auen aus. Im Norden trennt die Donau-Ufer-Autobahn die Au von ihrem Vorland ab, im Süden sind die Straßen nicht ganz so groß, entfalten aber auch hier ihre trennende Wirkung.
Trotz alledem ist das Tullnerfeld nach wie vor Lebensraum einer Vielzahl an besonderer Arten, die hier vorgestellt werden. Das Potential für die Verbesserung und Wiederherstellung der Lebensräume für zahlreiche einst im Tullnerfeld heimische Arten ist sehr hoch, wie die Ausgleichsbecken, die im Zuge des Baus der HL-Bahnstrecke errichtet wurden, zeigen. Kurz nach ihrer Errichtung zogen Arten, die bereits aus dem Tullnerfeld verschwunden geglaubt waren, wieder ein.