Autor: Nikolaus Filek

Nachlese Kick-Off Meeting

@Karoline Kárpáti

Am Donnerstag dem 30.September fand das Kick Off Meeting zum „Netzwerk Natur Tullnerfeld“ in Königstetten (coronabedingt etwas später als geplant) statt. Rund 40 Personen sind gekommen und haben bei der Diskussion ihre Wünsche und Anregungen für ein artenreiches und diverses Tullnerfeld von morgen eingebracht. Sehr spannend war der Vortrag von oa. Univ.-Prof. i.R. Dr. Walter Hödl, Vorsitzender Naturschutzbund NÖ über Biodiversität, danach folgte die Vorstellung des Projekts durch Initiator Mag. Helmut Grabherr und die Projektkoordinatorin DI Karoline Kárpáti.

Nun freuen wir uns auf die weiteren Projektschritte, im Spätherbst/Winter werden die ersten Vorträge in Gemeinden stattfinden (soweit es die aktuelle COVID Situation zulässt) und die Arbeit mit interessierten Gemeinden startet.
 
 
 
 
 
  

Frühherbstliche Exkursionen im Tullnerfeld

VERBORGENE NATURSCHÄTZ IM NORDÖSTLICHEN TULLNERFELD

Am 12. September entdeckten wir geführt von Naturvermittler Carl Auer mit dem Fahrrad verborgene Naturschätz im nordöstlichen Tullnerfeld.

Ausgehend vom Bahnhof Absdorf – Hippersdorf erkundeten wir die Landschaft und Natur zuerst in Richtung Wagram und überquerten dazu Schmida und Schmida-Mühlbach um etwas später Lebensräume, die ehemalige Schottergruben nun mit ihren Teichen bieten, zu entdecken. Alfred Grand zeigte uns seinen Grand Garten südlich von Absdorf, eine Marktgärtnerei in der regionales Gemüse biologisch, saisonal und begleitet von vielen Forschungsprojekten, Kooperationen und einer Mehrnutzungshecke angebaut wird. Über Schotterwege entlang von Feldern, die in diesem Bereich des Tullnerfelds noch sehr oft von ausgedehnten Hecken und Windschutzgürteln begleitet werden, fuhren wir bis nach Stetteldorf am Wagram. Eine alte Mühle säumte unseren Weg und der Ausblick auf das Schloss Stetteldorf begleitete uns.

Beobachten konnten wir während unserer Fahrt Kiebitze, Silber- und Graureiher, Haubentaucher und Bussarde. Spannend war es zu sehen, wie die fast schon herbstlichen Hecken die Agrarlandschaft in diesem Bereich des Tullnerfeldes immer wieder durchziehen, gliedern und vielen Arten Lebensraum und Rückzugsort bieten

Mit dem Fahrrad durch das südwestliche Tullnerfeld

Unsere zweite Exkursion am 25. September führte uns in einen anderen Teil des Tullnerfeldes, wo wir mit Natur- und Landschaftsführer Dr. Dipl -Ing. Josef Resch die Landschaft und Natur rund um Sitzenberg-Reidling erkundeten. Auch an diesem Tag begleitete uns herrliches Herbstwetter mit viel Sonnenschein und warmen Temperaturen. 

Gleich am Beginn der Exkursion hatten wir das große Glück einen Kaiseradler bei seinem Flug in luftigen Höhen beobachten zu können. Imposante Einzelbäume, alte Hohlwege, teilweise noch erhaltene Feuchtwiesen, der Biodiversitätspfad rund um den Teich in Sitzenberg- Reidling, spannende Diskussionen zum Amphibienschutz vor Ort und viele Informationen rund um die lokale Flora, Fauna aber auch Geologie, bis hin zur Wissensvermittlung rund um Pilze bereicherten diese spannenden und informativen Tag. Ein gemütlicher Ausklang im Gastgarten eines Heurigens in der Ahrenberger Kellergasse durfte nicht fehlen.

 

Feuchtbiotope im Tullnerfeld

Nun ist er fertiggestellt, der erste im Zuge unseres Leader-Projekts produzierte Kurzfilm „Feuchtbiotope im Tullnerfeld“. Als wichtige Lebensräume für Amphibien, Vögel und Libellen, aber auch als Naherholungsraum für uns Menschen und in Zeiten des Klimawandels sind Feuchtbiotope mit ihrem speziellen Mikroklima von großer Bedeutung. Wie wichtig es ist, sie zu erhalten und neue anzulegen, sehen wir in diesem Video.

Exkursionen im Tullnerfeld

Der Frühling hätte für unsere ersten 2 Projekt-Exkursionen kaum unterschiedlichere Wetterbedingungen bereithalten können.

Wetterfest im nordöstlichen Tullnerfeld – so hätte das Motto unserer ersten Tullnerfelder Exkursion am Pfingstsonntag, den 23.5.2021 lauten können. Doch dem Regen zum Trotz leitet Naturvermittler und Hausleitner Carl Auer eine spannende und ereignisreiche Fahrradexkursion für wetterfeste und sehr interessierte Teilnehmer*innen.

Gleich unser Treffpunkt am Bahnhof Absdorf barg einen zoologischen Schatz – eine Wechselkröte hatte sich auf das Gelände verirrt und wurde von uns sicher zu einer nahegelegenen Schottergrube geführt. So wurde eines der Themen dieser Exkursion – nämlich die wertvollen, übrig gebliebenen Naturstrukturen oder solche, die es werden können, in einer zumeist ausgeräumten Agrarlandschaft zu entdecken und ihren Wert zu erkennen – mit den Teilnehmer*innen auf eindrucksvolle Weise behandelt.

Auf unserem weiteren Weg entlang von so wichtigen Strukturen, wie Feldrainen, Wegböschungen, Hecken- und Baumreihen, Windschutzstreifen und Brachen begegneten wir Rehen, Feldhasen, Fasanen Rebhühnern, Kiebitzen, Turteltauben, Nachtigallen, Pirolen, Grasmücken und anderen Singvögeln – ein Artenreichtum, der in unseren heutigen, intensiv geführten Landwirtschaften nur mehr selten zu erleben ist und der uns gezeigt hat, wie wichtig die übrig gebliebenen, natürlichen Strukturen für Tiere und Pflanzen im landwirtschaftlich geprägten Tullnerfeld sind.

 

Sonnenschein im südöstlichen Tullnerfeld – hatte unsere zweite Tullnerfelder Exkursion reichlich zu bieten, denn am 12.6.2021 herrschten bereits sehr sommerliche Verhältnisse als wir uns auf Erkundungstour rund um den Bahnhof Tullnerfeld machten. Unsere beiden Biolog*innen und Naturpädagog*innen Chrissi Nagl aus Katzelsdorf und Helmut Grabherr aus Königstetten zeigten uns ihre „Natur vor der Haustür“ und begeisterten die Teilnehmer*innen mit einer Vielzahl an spannenden Entdeckungen.

Gleich zu Beginn ließen wir unsere Blicke vom obersten Stockwerk des Bahnhof-Parkhauses über die Weiten des Tullnerfeldes schweifen, während uns die geschichtlichen und rezenten Aspekte dieser Landschaft näher gebracht wurden. Der so treffliche Titel der Exkursion „Landschaft im Wandel“ wurde uns auf Anhieb bewusst, als wir letzte Relikte einer einst von Feuchtlebensräumen geprägten Landschaft sahen und auch auf die rezenten Bauprojekte aufmerksam gemacht wurden.

Entlang der 2012 errichteten, naturschutzfachlich relevanten Flächen rund um die damals neue Bahnstecke der ÖBB führte uns unser Weg gen Westen und wurde begleitet von außergewöhnlichen botanischen und zoologischen Funden. So konnten wir Tiere und Pflanzen der ehemaligen Feuchtlebensräume, wie den Kiebitz, die Rohrammer, den Drosselrohrsänger, die Rohrweihe, das Teich- und Blässhuhn, die Wasserralle, verschiedene Libellen- und Heuschreckenarten, sogar eine Maulwurfsgrille, Schilf, Rohrkolben und andere Wasserpflanzen ausgiebig beobachten. Aber auch typische Tiere und Pflanzen unserer heutigen Kulturlandschaft wie der Feldhamster, der Feldhase, die Feldlerche, der Turmfalke und typische Ackerbegleitflora säumten unseren Weg.

All diese Entdeckungen zeigten uns eindrucksvoll, welch ökologisches Potential in der vielfältigen Landschaft des Tullnerfeldes steckt und dass die Natur, um dieses Potential wiederzubeleben, Raum braucht – den wir ihr Schritt für Schritt zurückgeben sollten, anstatt ihn zu versiegeln.

 

LANIUS

LANIUS ist eine Forschungsgemeinschaft für regionale Faunistik und angewandten Naturschutz. Das Hauptziel des Vereins liegt im Erhalt und der Entwicklung von Lebensräumen sowie seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten. Das Kernareal der Tätigkeiten von LANIUS umfasst das zentrale Mostviertel mit den Bezirken Amstetten, Scheibbs, Melk, Krems und St. Pölten Land und hat damit auch randlich Anteil am Tullnerfeld.

 

  • Wir forschen: Naturschutzbiologie, Faunistik, Monitoring, Tiere, Pflanzen und Lebensräume.
  • Wir kooperieren und beraten: Behörden, Gemeinden, Unternehmen, Planungsbüros, Projektanten und Privatpersonen
  • Wir setzen um: Ankauf, Pacht und Pflege ausgewählter Biotopflächen
  • Wir nutzen unsere Parteienrechte und kämpfen mit Beschwerden gegen mangelhafte Behördenentscheidungen
  • Wir bieten: Exkursionen, Workshops und Vorträge
  • Wir informieren: Publikationen, Magazin „Lanius Info“, Webseite und Social Media
  • Wir freuen uns über Gleichgesinnte und Interessierte

 

Nähere Infos erhalten Sie auf www.lanius.at, auf unsere Facebookseite

https://www.facebook.com/FGLanius sowie auf Instagram https://www.instagram.com/fg_lanius

Der Maikäfer

Die Maikäfer zeigen sich in manchen Jahren in beeindruckender Menge. Nach mehrjähriger, unterirdischer Entwicklung führen sie ein kurzes, aber intensives Erwachsenenleben.

Massenflüge wie in Königstetten 2021 sind mittlerweile selten geworden. Umso beeindruckender ist auch das tiefe fast statische Brummen, dass die Luft abends erfüllt, gemeinsam mit dem Rascheln der Blätter, Beine und Flügel.

1927, also vor fast 100 Jahren wurde im Atzenbrugger Gemeinderat noch eine Bonusprämie für das Sammeln von Maikäfern beschlossen und zwar insgesamt 10 Groschen pro Kilogramm Insekten – das entspräche derzeit in etwa 40 Cent.

Heutzutage liest man nicht mehr von Maikäferprämien, dafür umso mehr von Insektensterben und Biodiversitätsverlust – so ändern sich die Zeiten…

Insekten im Tullnerfeld

Die Holzbiene ©K. Wessely

Die erfolgreichste Organismusgruppe unseres Planeten (ungefähr die Hälfte aller beschriebenen Tier-, Pilz- und Pflanzenarten sind Insekten!) befindet sich in manchen Gebieten dieser Erde in großer Not.

So zum Beispiel in den landwirtschaftlich geprägten Flächen Mitteleuropas, wie sie auch im Tullnerfeld zu finden sind.

Durch die Intensivierung der Landwirtschaft und die Versiegelung unserer Naturräume und dem damit verbundenen Verlust von Lebensräumen, Nahrungsgrundlagen und Fortpflanzungsmöglichkeiten ist die Vielfalt dieser höchst spannenden Tiere am Schwinden.

Dies zeigte auch eine aufsehenerregende Studie aus dem Rheinland durch ehrenamtliche Biolog*innen aus dem Jahre 2017, deren langjährige Feldforschung einen dramatischen Rückgang von Fluginsekten belegte. Die Biomasse der Insekten ging hier binnen 27 Jahren um etwa drei Viertel zurück!

Geben wir der Natur eine Stimme – unsere Stimme – und ermöglichen den kommenden Generationen sich an Eintagsfliegen, Köcherfliegen, Libellen, Heuschrecken, Wanzen, Zikaden, Käfern, Ameisen, Bienen, Hummeln, Wespen, Fliegen, Mücken, Schmetterlingen – und nicht nur an Pokemons – zu erfreuen.

Maikäfer
Waldreben-Fensterfleckchen
Dolchwespe
Gehörnte Mauerbiene
Weinhähnchen
Wiener Nachtpfauenauge
Blauflügel-Prachtlibelle
Gebänderte Prachtlibelle

Der Waldmeister

Mitten in der zentralen Agrarlandschaft des Tullnerfeldes findet man hie und da, in einem Windschutzgürtel versteckt, einen Waldmeister – Galium odoratum.

Der Waldmeister ist eigentlich ein typischer Bewohner des Wienerwaldes. Die entfernt mit dem Kaffee verwandte Pflanze aus der Familie der Rötegewächse verströmt einen charakteristischen Duft. Verantwortlich dafür ist der Inhaltsstoff Cumarin, der unter anderem in Zimt oder der Tonkabohne vorkommt. Daher eignet sich Waldmeister in Maßen, denn Cumarin kann in größerer Menge gesundheitsschädlich wirken, auch zum aromatisieren von Süßspeisen beziehungsweise mehr oder weniger alkoholischer Getränke.

Wie kommt der Waldmeister aber in den Windschutzgürtel? Die kleinen Klettfrüchte können sich im Fell von Reh, Hase, Fuchs & Co verhaken und so weit verbreitet werden.

Der Schlehdorn

©Helmut Grabherr

Der Schlehdorn, auch Schlehe genannt, zählt zu den Rosengewächsen und hat, wie der Name schon sagt, lange Sprossdorne als Fraßschutz gegen Pflanzenfresser, wie z.B. Rehe. Er zählt im Tullnerfeld zu den wichtigen Feldgehölzen.

Feldgehölze sind essentielle  Rückzugsorte für viele Tiere in der offenen Agrarlandschaft. Vor allem im Winter sind die Früchte von Schlehdorn, Weißdorn, Schneeball, Pfaffenkappel und Co wichtige Nahrungsquellen für zahlreiche Vogelarten, aber auch für Kleinsäuger.

Die Früchte des Schlehdorns bleiben lang an den Zweigen und werden erst nach den ersten Frösten richtig genießbar. Dann eigenen sie sich hervorragend für Marmeladen oder Liköre. 

Der Reiherschnabel

Der Reiherschnabel hat es gerne trocken und sonnig. Zartrosa blüht er bereits zeitig im Frühjahr, auch im Tullnerfeld gerne an Acker- und Wegrändern oder auf Brachflächen.

Besonders bemerkenswert sind allerdings seine Samen: ein langes Anhängsel dreht sich bei Austrocknung schraubenzieherartig ein, nur um sich bei feuchterem Wetter wieder auszurollen. Dadurch können sich die Samen buchstäblich in den Boden bohren.

Ob dieser ausgeklügelte Mechanismus bei der fortschreitenden Bodenversiegelung noch hilft ist fraglich – Zeit für die Evolution Richtung „Schlagbohrersamen“!